Europäische Zuckerverbände kritisieren geforderte Zollfreiheit
Der internationale Verband der europäischen Rübenanbauer (CIBE) und der europäische Verband der Zuckerhersteller (CEFS) haben zur Lage des EU-Zuckermarktes ein Schreiben an die Generaldirektion Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (DG AGRI) der Europäischen Kommission gesendet. Ziel ist es, den Antrag der Europäischen Verbraucherorganisation für den Lebensmittel- und Getränkesektor (CIUS) auf vorübergehende Aussetzung der Zölle auf die Einfuhr von Weißzucker zu entkräften.
Die beiden Zuckerverbände weisen darauf hin, dass der EU-Zuckermarkt derzeit hinreichen mit Zucker versorgt ist. Für das Zuckerwirtschaftsjahr wird ein Überschuss von 1,2 Millionen Tonnen erwartet und bewegt sich damit auf Vorjahresniveau.
Seit Juni 2022 gibt es eine bis Juni 2024 begrenzte Zollfreiheit für Agrargüter aus der Ukraine. Rund 281.000 Tonnen ukrainischer Zucker sind im Zeitraum Oktober 2022 bis April 2023 in den EU-Markt gelangt. Sollte dieses Privileg weiter ausgebaut werden, würde dies zu ernsten Problemen im EU-Zuckersektor führen.
Derzeit ist die Verfügbarkeit von Zucker im EU-Markt hinreichend gedeckt. Dank hoher Zuckerpreise und niedrigen Frachtkosten wird ein Ansteigen der Importe für 202/23 erwartet. Hohe Zuckerpreise waren aufgrund des Kostendrucks durch höheren Energie- und Rohstoffpreise sowie gestiegene Betriebsmittelkosten und andere Kosten (z. B. für Konstruktionsmaterialien oder Investitionen für Decarbonisierung) notwendig geworden. Die höheren Zuckerpreise bilden dabei lediglich den Kostendruck ab und sind nicht auf einen Zuckermangel zurückzuführen!
Herausforderungen sehen die Verbände vor allem im Bereich Pflanzenschutz. Den europäischen Landwirten stehe nur noch ein beschränkter Werkzeugkasten zur Verfügung. Es werde daher immer schwieriger, Krankheiten und Schädlinge effektiv zu bekämpfen. Ein Einbruch in der Produktivität steht zu befürchten.
Der Weltmarkt fungiere als „Resterampe“, wo nur der überschüssig produzierte Zucker Absatz findet – oftmals zu Preisen unterhalb der Herstellungskosten. Daher sollte der EU-Markt nicht mit dem Weltmarkt verglichen werden. In den vergangenen Jahren wurde Zucker oftmals unter seinem Wert verkauft. Die nunmehr höheren Zuckerpreise machten in Produkten oftmals nur wenige Cents aus. Die gestiegenen Preise für Zucker sind daher nicht – wie von CUIS bemängelt – der primäre Preistreiber der Lebensmittel-Inflation.
CIBE und CEFS pochen ihrerseits auf die Einführung bzw. Einhaltung strenger Ursprungsregelungen. Nur so sei auch für den Verbraucher Transparenz und ein fairer Umgang untereinander möglich. Importbeschränken sind notwendig, da sonst der EU-Markt mit „Dumpingzucker“ aus Übersee überschwemmt werde. Dieser habe zudem nicht die hohen Sozial- und Umweltstandards wie europäischer Rübenzucker und untergrabe die lange Tradition der Nachhaltigkeit im EU-Zuckersektor. Eine ungleiche Wettbewerbssituation würde daher zu einem Rückgang der EU-Zuckerrübenanbauflächen führen, so die Befürchtung. Mittelfristig würde dies auch ein Schließen von Zuckerfabriken bewirken. Dies könne – gerade vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeit – nicht im Sinne der Endverbraucher sein.
Den Brief im Orginal (englisch) finden Sie hier