Mehr Science-Fiction auf dem Acker: Landwirtschaft der Zukunft

Niedersachsen ist Agrarland Nr. 1. Rund 2,6 Millionen Hektar Land werden landwirtschaftlich bearbeitet – darunter 1,9 Millionen Hektar als Ackerland genutzt. Etwa 400.000 Menschen in Niedersachsen arbeiten im landwirtschaftlichen Bereich. Grund genug, um in die Zukunft der Landwirtschaft zu schauen. Die PhotonicNet GmbH, ein Innovationsnetz für Optische Technologien, hatte daher am 15. November 2022 zu einem Webinar mit dem Thema „Präzise und intelligent – Wie/so ackern wir in der Zukunft?!“ eingeladen.

Im Gespräch mit Prof. Dr. Joachim Herzberg (Universität Osnabrück), Stefan Büsching (Grimme Landmaschinenfabrik), Volker Hahn (Landwirt/Vorsitzender Landvolk Hannover und Netzwerk Ackerbau Niedersachsen), Dr. Benjamin Kowalski (Innovationszentrum Niedersachsen) und PH Dr. Merve Wollweber (Laser Zentrum Hannover) wurden Aspekte aus Forschung, Wirtschaft und Agrarpraxis erörtert.  Tanja Föhr (Agentur für Innovationskulturen) moderierte die Gesprächsrunde und stellt die Frage, was künftig mittels künstlicher Intelligenz (KI) möglich sein werde? Welchen Nutzen werden wir daraus ziehen? Und: Lohnt sich das überhaupt?

Für den Landwirt Volker Hahn muss die Nutzung von intelligenten Systemen betriebswirtschaftlich sinnvoll – und vor allem schnell sein, da für viele Ackerkulturen oft nur ein kurzes Zeitfenster für Unkrautbekämpfung, Düngung und Ernte bereitstehe. Zudem seien neue Systeme zunächst oftmals störanfällig; ihr Umgang und die Sicherheitsbestimmungen würden immer komplexer. Daher steht für ihn eine gute Vernetzung im Vordergrund. Auch sieht er Chancen in der Züchtung.

Stefan Büsching als Vertreter der Landtechnik stellt ebenfalls den Landwirt in den Mittelpunkt. Durch die Verknüpfung von Pflanzenbau und Technik würden neue Lösungen entwickelt, die zu einer Absicherung der Erträge führen. Angesichts von acht Milliarden Menschen auf der Erde sei die Ernährungssicherheit auch weiterhin vorderstes Ziel der Landwirtschaft. Die Politik müsse sich Zeit nehmen, damit Innovationen entwickelt werden könnten.

Assistenzsysteme helfen, leichter miteinander zu kommunizieren, ist sich Prof. Herzberg sicher. KI könne aber nur beraten – entscheiden müsse der Mensch! Deutschlands Technikhersteller seien extrem exportstark und zeigten sich offen und innovationsfreudig. Als Technik-Optimist stellt sich für ihn die Frage, wie sehr sich die Gesellschaft diesem Innovationsklima öffnet. Dazu seien geteilte Zukunftsbilder und gute Vorbilder notwendig.

Dr. Kowalzki sucht nach neuen Geschäftsideen für die Landwirtschaft. Dazu bedürfe es sowohl Träumer als auch kritische Fachleute. Er sieht Landwirte als „Wächter des Naturhaushaltes“ und plädiert ebenfalls für eine Technologie-Offenheit. Dazu müsse sich der Werkzeugkoffer der Landwirte neu füllen, wobei die Entwicklung nicht an den Praktikern vorbeigehen dürfe.

Auch Dr. Wollweber kann sich mehr Science-Fiction auf dem Acker vorstellen mit zahlreichen Roboterschwärmen, die individuell und kleinteilig z. B. Unkraut beseitigen. Optische Sensorik sei schon in vielen Landmaschinen verbaut – die Lasertechnik könne hier eine sinnvolle Ergänzung bieten. Zusammen könne man ohne den Einsatz von Chemie oder Eisen noch Potenziale heben auf dem Gebiet der alternativen Bodenbewirtschaftung. Als Co-Moderatorin des Webinars wünsche sie sich mehr Mut, Innovationen zu unterstützen und neue Dinge auszuprobieren.

Alle Ergebnisse aus den Gesprächen und Chat-Fragen der rund 120 Teilnehmer hat Moderatorin Föhr in kleinen Grafiken und Stichpunkten festgehalten und während des zweistündigen Webinars geteilt. Die Lösung zu einer präzisen und intelligenten Ackerbearbeitung liege darin, noch mehr miteinander zu kooperieren und einen Suchraum für Innovationen zuzulassen, so das Fazit. Föhr dankte ihren Gesprächspartner für neue Impulse, die mit Wissen hinterlegt worden seien. Im Schulterschluss von Forschung, Wirtschaft und Agrarpraxis rief sie dazu auf, neues auszuprobieren.